Herzog Julius besuchte diesen Ort gern. Wer heute durch Kissenbrück fährt, in Richtung Bornum, Börßum, der kann gleich hinter der kleinen Brücke sein Fahrrad oder Auto abstellen, den malerischen Weg bis zu einer großen Scheune schlendern – im Moment vorbei an blühenden Sträuchern – und läuft links auf ein kleines Wäldchen zu.
Als der Herzog hier vor 460 Jahren herkam, dürfte entschieden mehr Wald und Sumpf dagewesen sein. Der Landesherr begriff sein kleines Reich als seinen Kosmos und versuchte, so viel wie möglich aus dem Land zu holen, damit die Wirtschaft brummte.
Unterwegs auf der Oker
Die Oker wurde bis zum Harz schiffbar gemacht, um Holz zu transportieren oder Steine aus dem Ösel. Aber die Hofgesellschaft wollte auch gern raus, um das zu machen, was wir bis heute genießen: frische Luft und Natur. Das Gebiet um Kissenbrück gefiel den Herrschaften besonders gut. Deshalb richtete sich der Souverän hier gleich häuslich ein.
1572 kaufte er das Areal, durch das ich an diesem sonnigen Maitag streife, und ließ ein Lustschloss errichten, dass er nach seiner Gemahlin Hedwig benannte. Das Schloss Hedwigsburg gibt es nicht mehr. Nur noch ein Park ist übrig, der für einen Ausflug am freien Tag taugt. Ungefähr eine dreiviertel Stunde, Stunde erkundete ich das Gelände.
Das Gelände erkunden
An der Scheune geht es links am Wald entlang, vorbei an blühenden Rapsfeldern mit einem traumhaften Ausblick in das Harzvorland. Wer es eilig hat, kann gleich links durch einen kleinen Wald mit wirklich uraltem Baumbestand auf die Hauptachse der ehemaligen Gartenanlage kommen.
Empfehlenswerter ist es, den Park zunächst zu umrunden, bis zur alten Ilse, die sumpfig, still vor sich hinsickert. In der Ferne sieht man die Bahnstrecke in den Harz, immer wieder Hecken, ausgedehnte Wiesen. Auf einem kleinen Steg geht es durch eine Liebesallee, die liebevoll gepflegt ist. Im Moment noch spärlich bewachsen, aber bald für den Austausch liebevoller Zuwendung unter dem rauschenden Blätterdach geeignet.
Eine Lindenallee und eine Frau in Stein
Schließlich gelange ich auf eine Hauptachse des ehemaligen Parks. Hier wurde vor kurzem eine prächtige vierreihige Lindenallee angepflanzt, die auf eine Statue zuführt. In trauter Zweisamkeit beschäftigt sich da eine sinnende junge Frau mit einem Löwen, der ihr zahm zur Seite steht. Wie lange die beiden dort wohl schon stehen?
Im unteren Teil der Allee ist, ebenfalls liebevoll gepflegt, ein kleines Labyrinth mit einer jungen Buchenhecke angelegt, die zu einem verwitterten Steinkreuz führt. Durch das Wäldchen, in dem auch noch ein alter Friedhof zu entdecken ist – einer für Menschen, einer für Tiere – geht es durch die Stille des Walde, vorbei an duftendem Bärlauch, wieder auf den Weg zurück.
Ferne Klänge
Wer gute Ohren hat, hört an einem Sommerabend vielleicht noch die Musik und das klingende Spiel der Hofgesellschaft, die von fern über die kleinen Wasserstraßen schippert. Die gelben Röcke der Schiffsbesatzung, ihre roten und gelben Hosenbeine in den Farben des Herzogs leuchten im Schein der großen burgundischen Leuchter. Ein zauberhafter Ort vor den Toren unserer schönen Stadt und einen kleinen Ausflug wert.