Der Name »ikdrawingz« geht nicht sofort ins Ohr. Wenn man aber einmal hinter diese Marke gesehen hat, jedoch ins Herz. Das Blogprojekt ist ein beredtes Symbol dafür, was das Internet mit all seinen Möglichkeiten bietet. Wie alle Instrumente der menschlichen Kultur hat auch das Internet janusköpfig beide Möglichkeiten. Man kann Hass verbreiten. Oder Kultur und Integration. »Alle Menschen werden Brüder, wo Dein sanfter Flügel weilt«. Das war ein Traum von Friedrich Schiller, der von keinem geringerem als Ludwig van Beethoven in grandiose Töne gesetzt wurde. Es erinnert an einen alten Traum der Menschheit. Gräben zu überwinden. Barmherzigkeit und Brüderlichkeit zu leben. Ismail Kayapınar lebt diesen Traum. Er ist es, der »ikdrawingz« ins Leben gerufen hat. Ursprünglich ein Instragramm-Projekt, denn der junge Künstler und Blogger kommt von der Zeichnung und fing dann ab 2011 an zu schreiben. Seit 2015 nun existiert »ikdrawingz« – Literatur für Rebellen und Weise. Und für Neugierige, Träumer und Realisten, möchte man hinzufügen. Ismail Kayapınar versucht mit dem Leser zusammen, die Welt zu verstehen. Er ist vom Beobachten der Welt bewegt und überträgt diese Bewegung auf die Leserinnen und Leser.
»ikdrawingz« will keine Politik machen und macht sie deshalb
Er möchte keine Politik machen. Und doch ist das Schreiben über Erfahrungen und Empfindungen natürlich die Voraussetzung dafür. Wie wir denken und fühlen, handeln wir. So verarbeitet Ismail Kayapınar etwa in einer kleinen literarischen Skizze die Angst als Urkraft des Menschen. Ganz banal, an einem Erlebnis, das jeder kennt. Stromausfall, Dunkelheit. Keller. Das Fehlen des Lichts wirft uns auf uns selbst zurück. Auf die Angst vor dem Nichts, dem Tod. »Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als meine Augen zu schließen und Gott zu vertrauen«, lässt Ismail Kayapınar seinen Protagonisten sinnieren. Die Angst ist kein guter Berater. Sie gaukelt eine Realität vor, die es nicht gibt. Ist sie echt oder nicht? Das Vertrauen auf die Erfahrung und die eigenen Sinne kann lehren: »Sie war nicht echt.« Diese Erfahrung kann ein Lebensgefühl bestimmen. Ist es doch gerade jetzt die Angst vor allem und jedem, der unser ganz alltägliches Leben bestimmt. Und sie müssen wir überwinden. »Fürchtet Euch nicht vor denen, die den Leib töten können, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet Euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann«, gibt Jesus seinen Jüngern mit auf den Weg. Und das heißt: Habe Mut zu leben.
Mythen, Träume und Antworten
Ismail Kayapınar erzählt aber nicht nur von seinen Alltagsbeobachtungen und Refle-xionen. Er greift Mythen und Träume auf. Etwa in der Geschichte »Der Zauberer«. »Einst vor langer Zeit. Als die Menschen noch wild waren,…«, beginnt er die Geschichte, da gab es noch das personifizierte Böse, den Zauberer. Er ist von der Untugend der Gier getrieben. Die Geschichte erzählt, was Misstrauen und Zwietracht bewirken. Sie zerstören. Leider nicht das Böse selbst. Denn dass der Hass leider am Ende auch im-mer ein einträgliches Geschäft ist, ist der fatale Schluss der Geschichte. Diese Themen sind nicht moralisierend angelegt, sondern regen zur Auseinandersetzung an. Worte können viel Schaden anrichten. Und sie können heilen. Ganz machen. Hat Kunst diese Aufgabe? Diese Frage kann man sich bei einer kurzen Videoproduktion stellen, die Ismail Kayapınar unter die Überschrift »Der Patient« stellt und in der ein Mensch durch eine Ausstellung moderner Kunst suchend irrt. »Zwiegespaltene Menschen faszinieren mich«, notiert Ismail Kayapınar am 8. März in seine Zitatenpinnwand. Diese Zwie-gespaltenheit ist das große Plus des Blogprojekts, das keine einfachen Antworten gibt, aber viele Fragen stellt und uns am Ende, Autor und Leser, gemeinsam etwas weiser macht. Weiser und brüderlicher.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei den Integrationsbloggern.